Wie schreibt man in Wasser?
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Wie schreibt man in Wasser?

Jul 19, 2023

Forscher der Universität Mainz, der TU Darmstadt und der Universität Wuhan überwinden grundlegende Hindernisse beim Schreiben und Zeichnen von Linien, Buchstaben und komplexen Mustern in der Masse einer Flüssigkeit

Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Bild: Eine Auswahl von in Wasser gezeichneten Bildern (lineare Maßstäbe: 250 µm)mehr sehen

Credit: ill./©: Thomas Palberg, Benno Liebchen

Schreiben ist eine uralte Kulturtechnik. Schon vor Jahrtausenden schnitzten Menschen Zeichen und Symbole in Steinplatten. Schriften sind seitdem viel ausgefeilter geworden, aber ein Aspekt ist gleich geblieben: Unabhängig davon, ob der Autor Keilschrift oder ein modernes Alphabet verwendet, ist ein fester Untergrund wie Ton oder Papier erforderlich, um die geschriebenen Strukturen an Ort und Stelle zu fixieren. Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der TU Darmstadt und der Universität Wuhan stellten sich jedoch die Frage, wie man in einer Flüssigkeit wie Wasser schreiben kann, ohne Substrate zu fixieren. Das Konzept wäre der Art und Weise, wie Flugzeuge beim Überqueren des Himmels dreidimensionale Kondensstreifen hinterlassen, nicht unähnlich – im Vergleich zum zweidimensionalen Schreiben mit einem Stift auf trockenem Papier. Wenn man die Spitze eines Füllfederhalters ins Wasser taucht und versucht, damit etwas ins Wasser zu schreiben, wird man natürlich wenig Erfolg haben. Die Bewegung der relativ großen Feder durch das Wasser erzeugt Turbulenzen, die schließlich alle zurückgebliebenen Tintenspuren vernichten. Aber wie die Reynolds-Zahl, also der Faktor zur Berechnung des Flüssigkeitsflusses, zeigt: Je kleiner das bewegte Objekt, desto geringer ist die Anzahl der Wirbel, die es erzeugt. Um dies nutzen zu können, wäre jedoch ein wirklich winziger Stift erforderlich, und dieser würde einen riesigen Tintenvorrat erfordern, der die Wirkung des winzigen Stifts zunichte machen würde.

Eine Ionenaustauschperle, die als Stift dient

Das Forscherteam entschied sich für eine völlig neue Strategie, um dieses inhärente Problem zu lösen: „Wir haben die Tinte direkt ins Wasser gegeben und als Schreibgerät eine Mikroperle aus Ionenaustauschermaterial mit einem Durchmesser von 20 bis 50 Mikrometern verwendet. " erklärte Professor Thomas Palberg von der JGU. Diese Perle ist so klein, dass sie überhaupt keine Wirbel erzeugt. Der Clou: Die Perle tauscht Restkationen im Wasser gegen Protonen aus und verändert so den lokalen pH-Wert des Wassers. Wenn die Perle über den Boden eines Wasserbads gerollt wird, hinterlässt sie eine unsichtbare Spur eines niedrigeren pH-Werts in der Flüssigkeit. Dadurch werden die Tintenpartikel angezogen und sie sammeln sich in der durch die Kugelspitze markierten Bahn an. Das Ergebnis ist eine feine Linie von nur wenigen hundertstel Mikrometern Breite, die den Bereich mit dem niedrigsten pH-Wert markiert.

Um tatsächlich einen Buchstaben in Wasser zu schreiben, müssen Sie lediglich das Wasserbad so neigen, dass sich die Perle bewegt, um das gewünschte Zeichen zu zeichnen. „Bei unseren ersten Versuchen haben wir das Wasserbad von Hand bewegt, aber inzwischen haben wir eine programmierbare Wippe konstruiert“, fuhr Palberg fort. „In einem Wasserbad, das nicht größer als eine Ein-Euro-Münze war, konnten wir ein einfaches hausähnliches Muster in der Größe eines I-Zeichens in einer 18-Punkt-Schriftart erzeugen und dieses dann unter dem Mikroskop betrachten.“ Aber noch sind wir erst in der Vorphase.“ Wie andere Simulationen gezeigt haben, lässt sich jede Art von Schriftform, die mit durchgehenden Linien erzeugt werden kann, problemlos reproduzieren. Darüber hinaus könnten auch Unterbrechungen, etwa Pausen zwischen einzelnen Buchstaben, erzielt werden, da sich beispielsweise der Ionenaustauschprozess durch Belichtungstechniken beliebig ein- und ausschalten ließe. Sogar das Löschen und Korrigieren des Geschriebenen ist möglich.

Ein unspezifischer Effekt, der auf verschiedene Weise genutzt werden kann

Professor Benno Liebchen und Lukas Hecht von der TU Darmstadt haben ein theoretisches Modell entwickelt, das den Mechanismus erklärt, der das Schreiben im Wasser möglich macht. Die entsprechenden Simulationen hätten gezeigt, dass es sich bei diesem Mechanismus um einen generischen, unspezifischen Effekt handele und er daher in vielfältiger Form eingesetzt werden könne, so Liebchen, Leiter der Gruppe „Theorie weicher Materie“ am Institut für Physik der kondensierten Materie ( IPKM) an der TU Darmstadt. „Neben Perlen aus Ionenaustauscherharzen könnten auch ‚Stifte‘ aus Partikeln zum Einsatz kommen, die mit Lasern erhitzt werden können, oder sogar einzeln steuerbare Mikroschwimmer“, bemerkte er. „Dies könnte sogar das weitgehende parallele Schreiben von Strukturen in Wasser ermöglichen. Somit könnte der Mechanismus auch zur Erzeugung hochkomplexer Dichtemuster in Flüssigkeiten genutzt werden.“

Eine wichtige Schlussfolgerung aus den theoretischen Simulationen besteht darin, dass diese neue Form des Schreibens nicht durch die Notwendigkeit einer Basis am Flüssigkeitsbehälter eingeschränkt wird, da der Effekt nicht spezifisch ist, da er nicht an der Stelle in der Flüssigkeit auftritt, an der er auftritt. Es würde ausreichen, wenn die Tinte schnell zu den „geschriebenen“ Umrissen transportiert würde und diese erst durch Diffusion verschwinden würden, damit die Linien etwa zehn Minuten lang deutlich sichtbar bleiben. Mit „klebenden“ UV-empfindlichen Tinten könnte es sogar möglich sein, Linien und Schriften länger zu fixieren. Es gibt viele mögliche Variationen, die durch die Verwendung unterschiedlicher Komponenten in Form des Schreibgeräts, der Art der gezeichneten Spur, der Tinte oder der Art der verwendeten Steuerung realisiert werden könnten. Eine Möglichkeit wäre die Verwendung von fluoreszierender Tinte und mehreren sehr leichten Schreibperlen, die mit Hilfe einer optischen Pinzette dreidimensional durch die Flüssigkeit bewegt werden könnten. Dies würde nicht nur zu leuchtenden Formen führen, sondern könnte auch zur 3D-Strukturierung von Flüssigkeiten genutzt werden. „Unser neuer Ansatz ist sehr robust und hat das Potenzial für extreme Modularität“, betont Palberg. „Und es lässt sich auf außergewöhnlich vielfältige Weise weiterentwickeln.“

Die Forscher haben kürzlich einen Artikel über ihre Ergebnisse in Small veröffentlicht.

Gemeinschaftsforschung der Rhein-Main-Universitäten

Das Forschungsprojekt war eine Gemeinschaftsinitiative der Rhein-Main-Universitäten (RMU), einer strategischen Allianz bestehend aus der Goethe-Universität Frankfurt, der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der TU Darmstadt – drei renommierten, forschungsorientierten Universitäten. Mit der im Dezember 2015 unterzeichneten RMU-Rahmenvereinbarung wurde die langjährige Partnerschaft erweitert und die Zusammenarbeit zu einer strategischen Allianz gemacht, die die Forschung der Universitäten fördern, das gemeinsame Studienangebot verbessern sowie den Wissenstransfer und die Vernetzung mit der Gesellschaft stärken soll allgemein.

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